Hallo, Urlaubs-Carola,
wenn wir uns weiterhin so im Kreise drehen, wird uns schummerig im Kopf bevor wir auch nur einen Schluck Wein haben miteinander trinken können!
Ich schließe doch nicht aus, daß Dominanz auch bei Haushunden und in der Hund-Mensch-Gemeinschaft eine Rolle spielt! Vgl. vorangegangene postings. Und auch das Ausdrucksverhalten ist „Wolf“ in mehr oder weniger undeutlicher Form. Aber in Menschenhand ist das System der inneren Antriebe („Triebe“) sehr ins Ungleichgewicht gekommen und bei vielen Haushunden sind Antriebe hypertrophiert (unverhältnismäßig stark geworden); ich bezweifle, daß in Ungleichgewicht und Überbetonung die soziale Kontrollierbarkeit so perfekt greift wie bei Wölfen.

Wolf und Hund verpaaren sich, weil die sexuelle Attraktivität nach wie vor passt. Nochmal: ich sage nicht, daß Wolf und Hund „weit auseinander liegen“. Ich sage nur, daß für den Umgang mit einem domestizierten Tier die wildlebende Stammart nicht unbedingt das passende Modell sein muß.
Soweit die Wolf-Hund-Hybriden in ihrem Sozialverhalten untersucht sind, kann man sagen, daß sie in ihrem Verhalten hundeähnlicher sind; dies betrifft vor allem das Jagdverhalten im Rudelverband.
Verwilderte Haushunde, die nicht als Kommensalen in der Nähe menschlicher Behausungen , sondern mehr in „freier Wildbahn“ als Jäger leben, bilden keine original wölfischen Strukturen aus (soweit bekannt - ich würde ja gerne mehr darüber wissen). Das ist ganz bestimmt eine Anpassung an bevorzugte Beutetiere. Aber da haben wir es doch schon wieder: Hunde passen sich anders an als Wölfe. Australische Dingos z.B. jagen paarweise, das hat mir ein australischer Kollege erzählt. Aber auch er hätte gerne mehr Forschungsgelder zur Verfügung...
Niemals würde ich ein Tier als „blöd“ bezeichnen. Es geht allein um den genetischen Rahmen, der den Spielraum für Lernverhalten umgrenzt.

Irgendwo zwischen Vermenschlichung und Verwolflichung liegt die Verhundlichung, und da möchte ich gerne hinkommen.
Es reicht nicht aus, einen Hund, der unerlaubt jagen geht, nach allen Regeln der Kunst zu dominieren. Eine Hemmung des von uns unerwünschten Verhaltens muß in einem recht langwierigen Lernprozeß aufgebaut werden. DAS ist der Unterschied zum Wolf.
Ich kann es nur nicht mehr hören: „du must ein Alpha sein und schon hast du deinen Hund im Griff!“ Die soziale Einordnung schafft eine optimale Basis für den Lernerfolg, das konsequente Üben in Mini-Schritten ersetzt sie aber nicht.
Beim Hundehalter entsteht durch die Überbetonung seiner „Alpha-Rolle“, durch die Verwolflichung des Hundes, der Eindruck, sein „ungehorsamer“ Hund sei dominant. Dabei ist er meistens einfach nur unzureichend trainiert. Unangepaßt, weil zu wenig Gelegenheit zum Lernen!

Ich betrachte meine Arbeit mit den Haushunden auch als Feldforschung. Alle großen Probleme der Verhaltensforschung (Funktion, Stammesgeschichte, Kontrolle und Individualentwicklung) können an einer riesigen Stichprobe untersucht werden. Hier kann jeder, der sich ernsthaft mit Hunden beschäftigt, beitragen. Aber jeder, der die Hund-Mensch-Beziehung nur unter dem Blickwinkel der sozialen Hierarchie sieht, wird ein verzerrtes Bild erhalten.

Liebe Grüße
Ute BB


PS: Gestern bin ich leider nicht zum Schreiben gekommen - ich hatte Migräne... (die Tag-Form, lieber Dieter . Die Nacht-Form tritt bei mir nicht auf, vermutlich stamme ich von einem einarmigen Adam ab; ich muß doch mal in meinem Pedigree nachgucken! )