Milky ,
wenn Du mal im Forum liest: Die Fragen, die Du stellst, tauchen regelmässig auf, entsprechend wiederholen sich auch die Antworten.
1. Selbst wenn Du den Hund jetzt ins Seminar mitnehmen kannst - was ist, wenn Du im Referendariat steckst und unterrichtest, einen Stundenplan hast, der dafür sorgt, dass Du 7, 8, 9 Stunden ausser Haus bist? In die Schule kannst Du Deinen Hund mit ziemlicher Sicherheit NICHT mitnehmen.
Also? Wie sieht Dein Plan B aus?
2. Hunde sind lebendig - Du hast keine Ahnung, wie DEIN Hund charakterlich und vom Temperament her sein wird. Ja, natürlich, er ist ein RR, aber auch dort gibt es grosse Unterschiede. Ist Dir bewusst, dass Du in den ersten Jahren auf einiges verzichten musst, dass sich Dein komplettes Leben verändert? In der Welpenzeit braucht er sehr viel Aufmerksamkeit, während er selbst gleichzeitig noch nicht viele Dinge kann - er beherrscht weder Blase noch Darm verlässlich, kann zunächst überhaupt nicht und später oft nur für ein paar Minuten bis eine halbe Stunde allein bleiben. Für längere Abwesenheitszeiten braucht es Training, und manchen Hunden fällt das extrem schwer (siehe unterschiedliches Naturell) - bist Du darauf eingerichtet? Fahradfahren wirst Du MIT Hund lange Zeit nicht können, weil das für ihn eine Überlastung darstellen würde, bis sein Bewegungsapparat gefestigt genug ist. Gleiches gilt für Nebenherlaufen beim Bladen.
Welpenspielstunde, Hundeschule sollten eine Selbstverständlichkeit sein, kosten aber Zeit und Geld.
Tierarzt, Nahrung, Geschirre, Spielzeug - kosten Geld.
Bist Du für all dies gerüstet, bist Du bereit, auch für den Fall, dass die Dinge nicht rosarot laufen, Dein Hund krank ist, oder ein schwieriger Charakter, oder ein RR, der sich SEHR langsam entwickelt und viel liebevolle Bestärkung braucht, was Geduld, Geduld, Geduld kostet und Dir auch mal den Spott von Besitzern "robusterer" Hunde einträgt, für Deinen Hund da zu sein?
3. Bei einem 4 respektive 8 Monate alten Hund von "grandios" und "leicht erziehbar" zu sprechen ist ungefähr so wie wenn man behauptet, Eislaufen sei ganz easy, während man von zwei Seiten gestützt an der Bande entlangfährt. Die Pubertät ist die Phase, in der sich herausstellt, was es wirklich bedeutet, einen RR zu erziehen, und bei RR KANN die Pubertät sehr, sehr lange dauern. Währenddessen gibt es immer wieder unliebsame Überraschungen, das Gefühl: Mein Hund hat ALLES, was wir geübt haben, vergessen. Der Hund verhält sich wie ein pubertierender Jugendlicher: Macht auf dicke Hose, während er innerlich völlig unsicher ist. Er probiert sich aus, und testet darüber auch Euch - Eure Nerven, Eure Geduld, Eure Kraft, Eure Souveränität. Ein Rüde kann in dieser Zeit locker ein 45 - 50 Kilo Trumm mit einem SEHR eigenen Kopf sein, und Du hängst am anderen Ende der Leine und trägst die Verantwortung. Ich schreibe das bewusst drastisch, weil ich es grauenhaft finde, wenn zuckergussartige Rosamunde Pilcher Szenarien dafür sorgen, dass man sich so einen kleine Wurst auf vier Pfoten nach Hause holt und dann feststellt, dass die Sache so einfach doch nicht ist.
Mit Verantwortung meine ich auch, dass Du verantwortlich dafür bist, nicht die Nerven, die Lust und die Freude zu verlieren, auch in knackigen Phasen. Der Hund kann nichts dafür, wenn Dinge schief laufen - wir sind es, die dafür Sorge zu tragen haben, dass er nichts anstellt, das ihm oder anderen schadet, wir sind es, die die Weichen für schwieriges Verhalten stellen und korrigierend mit ihm arbeiten müssen.
Einen Hund zu wollen bedeutet auch ihn zu wollen wenn er nervt und schwierig ist und eben besagter Trumm mit wesentlich besseren Hebeln, als Du sie je haben wirst. Hat mich während Djambos Pubertät im übrigen einen Kniescheibenbruch gekostet. Nicht weil ER etwas falsch gemacht hätte, sondern weil ICH einen Moment nicht achtgegeben habe.
Alles hat zwei Seiten - für mich sind RR wunderbare Hunde, ich habe keine Sekunde bereut, mich für ein Leben MIT entschieden zu haben, aber gerade um dieser tollen Hunde wegen ist mir wichtig, dass Euch bewusst ist, dass es sich um eine Verantwortung handelt, die lebensverändernd ist, 14, 15, oder in glücklichen Fällen mehr Jahre dauert und deshalb gut überlegt sein will.
Ich weiss nicht, ob ich (Achtung - ich rede von mir, nicht von anderen!) mit Anfang 20 wirklich bereit für einen Hund und all das, was damit verbunden ist gewesen wäre - da wollte ich erst einmal die Welt sehen, mir die USA, Asien, Canada und Australien anschauen, mich selbst ausprobieren, von zuhause abnabeln, im Beruf Fuss fassen, spontan sein, spielen, Party machen - um Wurzeln schlagen zu können musste ich erst einmal auf Wanderschaft gehen. Und Wanderschaft hiess garantiert nicht Urlaub an der Ostsee, bis ins Mark gesettled mit festen Routinen leben und mir keine Extratouren erlauben. Aber: jeder Jeck ist anders.
Ich kann Euch nur ermutigen, Euch einen Kopf zu machen, auch worst case Szenarien durchzugehen. Wenn Ihr dann immer noch JA sagen könnt zu einem Hund - viel Freude!
Liebe Grüsse
Sabine


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