Sommer 1998
Angefangen hat alles genaugenommen schon im Sommer 1998. Ich hatte einen Termin bei einem Auftraggeber, mit dem ich ein sehr schönes Projekt durchsprechen wollte. Nachdem ich endlich sein Haus gefunden hatte, leuchtete mir am Gartentor ein gelbes Schild entgegen: "Warnung vor dem Hund!"
So etwas nehme ich ernst. Also bleibe ich brav draußen am Tor stehen und suche die Klingel. Ah, da ist sie... Klingeln... Haustür geht auf... Und mich haut es schier um.
Aus der Haustür kommt der bewarnte Hund. Nein, das ist nicht einfach ein Hund. Das, was da auf das Gartentor bzw. auf mich zuläuft, ist mehr als einfach ein Hund. Groß, kräftig und dennoch graziös, wunderbare Bewegungen, kurzes rotbraunes Fell, ein wunderschöner Kopf - irgendwie richtig edel und stolz. Am Gartentor bleibt das Wesen stehen und guckt mich an - fast arrogant. Gebellt wird nicht. Wozu auch? Der Anblick und der Blick reichen, um Besucher außen vor dem Tor festzunageln. Nur ein völlig Irrer würde jetzt einfach durch das Tor gehen - impliziert zumindest dieser Hundeblick.
Frauchen kommt hinterher, um mich einzulassen. Ob das gut geht mit dem Einlassen bei dem Hundeblick? Ja. Frauchen sagt: "Die darf!", Hund dreht ab, geht wieder ins Haus und ich bin ab dem Moment das Egalste der Welt. Da ist nix mit "Ui, toll, Besuch", freuen und wedeln und hüpfen und anschleimen... Der Hund ignoriert mich komplett. Fast bin ich gekränkt - wo ich doch Hunde so gerne mag und Hunde mich normalerweise auch mögen. Denkwürdiges Tier...
Frauchen geleitet mich in das Arbeitsstudio des Gatten im Dachgeschoß des Hauses. Hund geleitet nicht mit - ich bin Luft.
Beim Gatten finde ich die Sprache wieder und frage, was das denn für ein toller Hund sei. Ein Rhodesian Ridgeback? Wie? Was ist das denn? Und was hat der überhaupt Komisches auf dem Rücken?
Und das ist das Ende der Projektbesprechung, die noch nicht mal angefangen hatte. Die Besprechung wird zu einer Rassebesprechung. Aus Herrchen spricht Begeisterung, ja fast Besessenheit. Und während Herrchen begeistert seine Hündin beschreibt, kommt sie.
Sie beschließt, sich doch mal dem Gast anzunähern. Zurückhaltend, aber keineswegs scheu. Ein Schnuffler, ein Streichler und gnädige Frau legt sich direkt neben meinem Stuhl auf den Teppich.
Herrchen: "Oh, sie mag Sie!"
Aha. Welch angenehme Form der Sympathiebekundung. Ich bin wirklich beeindruckt.
Projekt wurde an dem Vormittag keines besprochen. Aber mein Hundeweltbild wurde nachhaltig beeinflusst. Als ich ging, war eines klar: Irgendwann will ich genau so einen Hund. Einen Rhodesian Ridgeback.
Lesezeichen