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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wenn der Schuß nach hinten losgeht...



Mathuni
08.12.2012, 19:17
Buki wirkt auf den ersten Blick büffelig und stabil. Auf den zweiten Blick sieht man den Denker unter den Büffelhörnern. Und auf den dritten Blick entdeckt man das unglaubliche Sensibelchen. Buki kommuniziert sehr deutlich (und gerne - er ist eine echte Quasselstrippe, wenn man genau hinguckt). Und für ihn ist es manchmal vertrauenserschütternd, wenn Mensch ihn nicht kapiert. Ich hab ihn heute nicht kapiert und sein Vertrauen komplett erschüttert - weil ich Angst nicht kapiert habe und in sein Verhalten "null Bock" hineininterpretiert habe. "Null Bock" hat er ja manchmal schon auch so richtig gut drauf.

Heute am späten Vormittag waren wir ums Eck im Schnee unterwegs. Beide Hunde sind völlig ausgeflippt und haben sich in jeden Katzenpfotenabdruck mit der Nase reingesaugt, als ob das nun der letzte Atemzug ihres Lebens wäre... Ableinen? Never ever, wenn da High Voltage drauf ist. Im Schnee rennen wollten sie aber auch gerne - und das geht angeleint halt schon sehr schlecht. Also hab ich die Herrschaften am mittleren Nachmittag gepackt und wollte mit ihnen in die Ecke fahren, in der ich Rose in Ermangelung von Wild auch einfach rennen lassen kann. "Fahren" sagt schon alles: Man braucht dazu ein Auto.

Nun fährt Buki generell nicht gerne Auto, nimmt es aber hin, weil er als Denker kapiert hat, dass einen eben genau das Auto in schöne Renngebiete bringt und eben auch nur Autofahren ermöglicht, mit Frauchen auch jobmäßig immer dabei zu sein. Er hat sich mehr schlecht als recht damit arrangiert und man muss immer bisserl aufpassen, damit er nicht Stress beim Autofahren bekommt. Blöderweise hatte sich vor ein paar Tagen das Schraubding vom Trenngitter durch das Niva-Geschüttel so gelöst, dass dann ein weiteres geländebedingtes Schütteln zuviel war und das Gitter nach hinten kippte (ich muss das echt öfters kontrollieren :o). Rose ist da stoisch... "Susi, tu das Ding mal wieder weg - das stört!" Für Buki ist das eine Katastrophe... Er ist nun ein paar Tage lang nur sehr zögerlich ins Auto gehopst (zögerlich ist er aber eigentlich sowieso immer), aber es ging dann ohne größeres Heckmeck und im Auto war auch alles wieder okay.

Heute nachmittag wollte er gar nicht. Komplettverweigerung am Autoheck. Rückenzudrehen, Fellaufstellen, Zittern, Bocksprünge, volles Programm... Nachdem es seit dem Gitterkippen ja schon wieder x-mal ohne Drama ablief, hab ich da gar nicht dran gedacht. Stattdessen dachte ich mir: "Nö! Komm du mir jetzt bloß nicht mit Null Bock, nur weil du nicht aus dem warmen Bett rauswillst!" Nun beherrscht Buki die Null-Bock-Sache und den Stinkefinger durchaus recht gut, und da ist ein strenges Wort oder ein Brummen angebracht. Duziduzi hilft da gar nichts, sondern lässt den ausgestreckten Mittelfinger nur noch höher schnellen. Also kam ein richtig (richtig!) strenges Wort.

In unserer Leinen-Los-Laufecke war Buki scheinbar ganz der alte. Jippieh - raus und im Schnee toben. Na prima, war doch alles wieder gut! Zumindest, bis es an den Rückweg ging... Buki blieb nach dem Richtungswechsel erst mal stehen. Dann kam er im 50-Meter-Abstand (!) hinterhergezockelt. Als ich ihn nachrief, spulte er das ganze Repertoire an Wichtigkeiten ab, das er draufhatte. Hier noch markieren, dort kurz den Schnee angraben, jetzt noch die Nase in den Wind hängen... Ich zu Beinklebestreberrose: "Was hat der denn? Erst will er nicht raus, dann will er nicht mehr heim!" Ich rief nochmal - und Buki versteinerte dort draussen in der Schneewüste. Mist, Mist, Mist - der Hund war nicht mehr abrufbar! In meinem Magen bildete sich ein Unmutsknödel und wahrscheinlich quoll Rauch zu den Ohren raus.

Es folgte das innerlich kochende Säuselanlock-Programm. Nix.

Beinklebestreberrose fror inzwischen erbärmlich wegen fehlender Bewegung (ich auch und Buki wahrscheinlich nicht minder). Also zum Auto, Rose zwischen Decken eingepackt und weiter den Buki besäuselt. Nix.

Nach einer Stunde stand ich nach erfolglosem Trick Nr. 127 (ich lasse die einzelnen ermüdenden Tricks in der Beschreibung mal aus) und vielen zurückgelegten Anlock-Zusatzstrecken mitten im verschneiten Rapsfeld und Buki immer noch 50 m entfernt. Es wurde langsam dunkel. Mir war arscxkalt. Ich musste piseln. Meine kälteempfindliche Problemhand fing das Krampfen an. Ich fand alles und insbesondere den Buki so richtig Scheixxe, und genau das kam wahrscheinlich schon seit einer Stunde auch schon so bei ihm an.

Und dann fiel endlich der Groschen...

Buki hatte einfach nur panische Angst, wieder in das Auto zu steigen. Mit der Erkenntnis fand ich mich selber fürchterlich schrecklich und ungerecht. Mein Gott, und ich Trampel hatte ihn auch noch beim Wegfahren so zusammengestaucht! Ich heulte einfach mitten auf dem eisig kalten und düsteren Rapsfeld los - kompletter Dammbruch...

Und da knirschte der Schnee neben mir und eine Hundeschnauze stupste mich an. Frauchen out of order war viel schlimmer als alle Autoangst der Welt. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr ich den Kerl liebe. Und mein Anti-Kuschelbär konnte vom Knuddeln gar nicht mehr genug kriegen.

Nun ja, er fuhr dann auch wieder mit heim. Auf dem verbotenen Beifahrersitz. Da hat er nämlich keine Angst, sondern fühlt sich wie Queen Elisabeth (und guckt auch so "royal", am Winken übt er noch).

Was ich mit der Geschichte sagen will? Ach, da kommt doch jeder selber drauf. :blink:

LG

Susanne, die heilfroh ist, ihren Buki wieder zu haben (der pennt jetzt gerade in meinem Bett - zwischen vielen Decken)

Rumkugel
08.12.2012, 19:39
Ajee,arme Sensibelche,beide!

Ist klar ,was du sagen willst.
Mir sind ähnliche Sachen auch schon passiert,und das ist schon ein sehr flaues Gefühl im Magen,wenn man endlich merkt,was man dem armen Hund,gerade angetan hat:(

Wir sind halt alle nur Menschen!

Übrigens haben wir das Gitter in unserem Niva derart fest gedreht,dass wir inzwischen zwei unsschöne Ausbeulungen im Dach haben.

hast du die Rückbank ausgebaut?

chilli09
08.12.2012, 19:39
Hallo Susanne,

mein Gott,wie herzerweichend! Manchmal sind es so unscheinbare Details,die uns das Leben mit den Riesendackeln so schwer machen . Dein Buki hat dir verziehen und selbst das strenge Einsteigewort wird er verkraften. Hatte mit Leo gestern und heute ähnliche Erlebnisse: gestern sind wir auf einem Wanderweg am Donaudurchbruch unterwegs gewesen. Wir gingen an einem sehr steilem Felsweg entlang und mussten über eine glitschigen Fels nach oben,da linker Hand eine 300m Schlucht war. Leo spreizte sich ein und verweigerte aus Angst total. Beruhigen,Anlauf nehmen und Bestechung half nicht! Ich schwitzte Blut und Wasser,weil wir nur nen guten Meter breit Weg hatten. Erst als ich dann richtig streng wurde,hüpfte er hoch. Hab ihn gelobt und mir kamen auch die Tränen vor lauter Erleichterung, aber in diesem Moment wusste ich keinen anderen Rat. Er hat mir dann das ganze Gesicht gewaschen und es ging fröhlich weiter. Heute waren wir in einem Hochhaus im 12. Stock zu Besuch. Beim Heimgehen hat er sich in einer Durchgangstür den Schwanz geklemmt und wollte nicht mehr weiter. 40kg bis zum Aufzug schleppen war nicht drin. Also bin ich stehen geblieben. Doch als auf einmal um die Ecke ein Hermesbote rauschte,kam er blitzschnell angetippelt. Was wir mit unseren Hunden so alles erleben,hätte ich mir nicht zu träumen gewagt...

Mathuni
08.12.2012, 20:06
hast du die Rückbank ausgebaut?

Sozusagen schon mit der Lieferung. :D

Die Rückbank wurde niemals besessen. Stattdessen wurde der Niva fabrikneu in einen Zweisitzer mit hundetauglicher Ladefläche umgewandelt. Der Niva ist nicht mehr fabrikneu - die Rückbank ist es immer noch.

Und ja, wir sind die volle Sensibel-Truppe. :blink:

LG

Susanne

Mumpi
08.12.2012, 20:22
Huhu Susanne, wie immer hab ich mich sehr gefreut einen Beitrag von Dir zu entdecken und wurde wie eigentlich immer auch keinesfalls enttäuscht, im Gegenteil, mein Göttlicher und ich haben uns vor allem über die Beschreibung der Royalty-Übungen köstlich amüsiert. Deine Beschreibungen sind immer so herrlich plastisch. Danke und liebe Grüße von Mumpi und Anhang an Deine Royals

Feeyota
09.12.2012, 01:38
... und wieder ein Mal das Gefühl ... live dabei gewesen zu sein, obwohl dem nicht so war.
So berührend Deine (tragischerweise selbst erlebte) Geschichte ist, ich verstehe, warum Du den tränenden "Dammbruch" hattest.
Knuddel mal die Fellnasen von uns! :kiss:

LG Feeyota :wink:

Rosemarie Karsten
09.12.2012, 06:33
Ein passendes Beispiel für die "Seelenführerschaft" unserer Hunde; wenngleich der Weg für sie zuweilen steinig ist.

Bonsai
09.12.2012, 14:44
Ach Suse.... :kiss:
Diese "Seelenhunde" sind doch unser Ein und Alles, oder?
Einen solch einen Seelenhund habe ich schon, der zweite ist auf dem besten Weg dorthin.
Ich verstehe dich so gut!
Drückerle :)
Esthi