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  1. #1
    MALG Avatar von Ute BB
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    Standard AW: Angstzustände ...

    Das Unterstellen menschlicher Reaktionen ist in der Tat ein großes Problem vieler Hundehalter. Fahndet man in diesem Forum nach Stichworten wie "Trotz", "Grenzen austesten" und "Sturm- und Drangzeit", wird man reichlich belohnt.
    Aber was kann man erwarten? Menschen können nur auf Menschenart denken und Probleme lösen. Bereits das Verschieben des Blickwinkels auf die Andersartigkeit anderer Arten wird von manchen Menschen als zu fremd empfunden. Und um die Diskussion ein wenig zu verkomplizieren:
    Menschen vermenschlichen immer. Auch die, die bewusst den Hund als Hund sehen. Wir kommen aus unserem historischen Rahmen nicht heraus. Und deswegen können wir nur versuchen, vom unkritischen, unbewussten zum kritischen Anthropmorphismus zu gelangen.

    Der Sprachphilosoph Fritz Mauthner schrieb im Hinblick auf den anthropomorphistisch geprägten Grundzug menschlichen Denkens und Sprechens: "Wenn Ochsen malen könnten, würden sie die Welt nach dem Bilde des Ochsen malen".

    Jean Donaldson weiss, dass Hunde wirklich ganz anders sind. Und deswegen hat sie ihr Buch auch nicht "Dogs are different" o.ä., sondern "Culture Clash" genannt.

    Liebe Grüße,

    Ute BB mit Ashanti, Bansai und Scotty. Baru begleitet uns auf der anderen Seite des Weges.
    Hirn ist in - Geist ist geil
    Wattebällchen entstehen im Auge desjenigen Betrachters, dessen Gehirn ähnlich strukturiert ist.

  2. #2
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    Standard AW: Angstzustände ...

    Zitat Zitat von Ute BB
    Der Sprachphilosoph Fritz Mauthner schrieb im Hinblick auf den anthropomorphistisch geprägten Grundzug menschlichen Denkens und Sprechens: "Wenn Ochsen malen könnten, würden sie die Welt nach dem Bilde des Ochsen malen".
    Wow, schon alleine für diesen Satz hat sich das Forum heute wieder einmal gelohnt!!! ;) Oder, wie sagte dereinst unser Nationalheld Goehte:
    Der Mensch begreift niemals, wie anthropomorphisch er ist.

    Bevor wir aber bald bei Nietzsche ankommen: wer auch nur ab und zu mitbekommt, was ich für Zwiegespräche mit Thembo halte, wird mir meine
    obigen Ausführungen zum Thema "Vermenschlichung" genußvoll um die Ohren hauen.....

    Und wenn ich mal das krasse Gegenteil mitbekomme - also Hundebesitzer, die ihre Hunde anknurren oder sonstwie meinen, "artgerecht" mit ihnen zu kommunizieren - könnte ich mich immer vor Lachen auf dem Boden kringeln.... ;)

  3. #3
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    Standard AW: *Culture Clash* - OT aus "Angstzustände"

    Mann oh Frau, wird hier jetzt aber philosophiert und ich entdecke es erst jetzt und schreibe zeitgleich in nem anderen Thread:

    Zitat Zitat von Aylarho
    Hund soll Hund sein und Mensch Mensch. D.h. der Mensch soll den Hund als Hund akzeptieren, aber selber ein humanes Verhalten zeigen, ohne dabei jedoch den Hund zu vermenschlichen - das zumindest ist meine Maxime.
    ... und jetzt muss ich erkennen, dass geht gar nicht , wir vermenschlichen zwangsläufig alles ...

    Gut, dass ich googlen kann:
    Anthropmorph

    Ich weiß aber nicht so ganz, ob ich den 'kritischen Anthropmorphismus' (Ute BB.) nun so richtig verstanden habe:

    Wenn ich gleich Ayla noch einmal verschiedene Sachen im Haus suchen lasse (wo liegt schon wieder mein Schlüssel, meine Autopapiere und noch viel schlimmer meine Geldbörse (vermeide dieses andere Wort seit den Schulaufsätzen, in denen auch Rechtschreibfehler angestrichen wurden ) und dann mit ihr zur Belohnung am Seil zerre und dabei ähnlich wie Ayla wohlige Knurrgeräusche ausstoße und Chooppie dabei nen Lachkrampf kriegt, bin ich denn da dann kritisch genug, wenn ich trotz allem weiß, dass Ayla offiziell ein Hund und ich ein Mensch bin ? *grübel, grübel* Werde diese Frage heute abend mit Ayla auf dem Sofa, mit ihrem Kopf auf meinem Schoß, noch mal gründlich überdenken.
    LG Hedi und Ayla

  4. #4
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    Standard AW: *Culture Clash* - OT aus "Angstzustände"

    Zitat Zitat von Aylarho
    Mann oh Frau, wird hier jetzt aber philosophiert und ich entdecke es erst jetzt und schreibe zeitgleich in nem anderen Thread:



    ... und jetzt muss ich erkennen, dass geht gar nicht , wir vermenschlichen zwangsläufig alles ...

    Gut, dass ich googlen kann:
    Anthropmorph

    Ich weiß aber nicht so ganz, ob ich den 'kritischen Anthropmorphismus' (Ute BB.) nun so richtig verstanden habe:

    Wenn ich gleich Ayla noch einmal verschiedene Sachen im Haus suchen lasse (wo liegt schon wieder mein Schlüssel, meine Autopapiere und noch viel schlimmer meine Geldbörse (vermeide dieses andere Wort seit den Schulaufsätzen, in denen auch Rechtschreibfehler angestrichen wurden ) und dann mit ihr zur Belohnung am Seil zerre und dabei ähnlich wie Ayla wohlige Knurrgeräusche ausstoße und Chooppie dabei nen Lachkrampf kriegt, bin ich denn da dann kritisch genug, wenn ich trotz allem weiß, dass Ayla offiziell ein Hund und ich ein Mensch bin ? *grübel, grübel* Werde diese Frage heute abend mit Ayla auf dem Sofa, mit ihrem Kopf auf meinem Schoß, noch mal gründlich überdenken.

    Hallo,

    wenn ich "meinen" Frans de Waal richtig verstanden habe (und ich bin immer noch nicht durch... seuftz) gibt es mindestens drei verschiedene Ansichten zum Thema "Vermenschlichung".
    Zum ersten die von Choppie erwähnte Disney-Version, in der Lassies, Boomers, Fünf Freunde Timmies, Black Beautys, Furys oder Ferkel "Babes" als "besseren Menschen" dargestellt werden. Wenn man mal drüber nachdenkt, wieviel Fernseh/Kinozeug, angefangen von diversen "Rex"-Versionen, in Kleidern gesteckten Schimpansen oder Robben (??) in diese Richtung geht, wundern die von Ute erwähnten "Trotz", Grenzen austesten" etc. Beiträge ja nicht wirklich.
    Dann gibts die Wissenschaftler, die alles Verhalten, sofern es denn nicht angeboren ist auf Konditionierung zurückführen und die antropomorphe Ansätze weit von sich weisen, auch wenn sie sich manchmal in ihren eigenen Schriften selbst wiedersprechen.
    Und die Dritte Gruppe geht, wie Ute schon beschrieben hat, davon aus, das Mensch seine menschliche Brille nicht absetzen kann und ihm daher nichts anderes übrigbleibt, als tierische Verhaltensweisen mit menschlichen Begriffen zu beschreiben.
    Ich habe keine Ahnung auf welcher Zeite des Zaun ich runterplumpsen werde, ausser, dass es nicht die "Disney-Seite" ist (obwohl ich auch mit Crispel um die Wette knurre, wenn wir um meinen alten ausrangierten Schuh kämpfen....).

    Liebe Grüße
    Martina & Crispen (der offenbar gestern aus Trotz, oder weil er in die Flegeljahre kommt oder beidem, mir ein frischgeliefertes Buch, dass meine Gassigängerin mit ihm in der Küche platziert hat, anknabberte - die Verpackung war zu Konfetti verarbeitet und vom Buch hat er den halben Rücken abgenagt!!! Und dreisterweise hatte er nicht mal ein schlechtes Gewissen! Das liegt bestimmt daran, dass er gerade seine dominate Ader entdeckt )

  5. #5
    MALG Avatar von Ute BB
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    Standard AW: *Culture Clash* - OT aus "Angstzustände"

    Hallo, ihr Lieben!

    "Vermenschlichung" hat zwei Bedeutungen. Zum einen, dem Tier menschliche Eigenschaften, menschliche Gefühle und menschliches Handeln zu unterstellen. Das ist Disney, das ist die Sache mit dem "Trotz", das ist der unkritische Anthropomorphismus.

    Die andere Bedeutung ist hintergründiger. Tiere und ihr Verhalten werden beschrieben, das Verhalten wird interpretiert im Zusammenhang mit der Biologie des Tieres. Aber auch noch so "objektiv" arbeitende Wissenschaftler arbeiten mit einem menschlichen Gehirn. Dieses Gehirn ist ein Organ, welches wie jedes andere Organ auch im Verlaufe der Evolution entstanden ist. Der menschlichen Evolution. Und so können wir alles nur aus der Menschensicht sehen. Das zu wissen, das ist der kritische Anthropomorphismus.

    Wir machen uns ein Menschenbild des Hundes. Wie das "wirkliche" Hundebild aussieht, wissen wir nicht. Wir sehen die Welt durch das Gitter unserer eigenen Evolution. Dazu gibt es einen unglaublich treffenden Satz aus dem Talmud:

    Du siehst die Welt nicht so wie sie ist, sondern so wie du bist.

    Das trifft sowohl für den einzelnen Menschen als auch für die Art Mensch zu.


    Die dritte Gruppe, ich nenne sie gerne die "Reduktionisten" ;) , die Tierverhalten alleine mit angeborenen Mustern und Konditionierungen erklären wollen, sind sicher auf einem absteigenden Ast. In der Verhaltensbiologie ist das weite Feld der Kognitionsforschung eröffnet und wird fleissig beackert. Wir sollten uns auf Überraschungen gefasst machen!

    Liebe Grüße,

    Ute BB mit Ashanti, Bansai und Scotty. Baru begleitet uns auf der anderen Seite des Weges.
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  6. #6
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    Standard AW: *Culture Clash* - OT aus "Angstzustände"

    Zitat Zitat von Ute BB
    Die andere Bedeutung ist hintergründiger. Tiere und ihr Verhalten werden beschrieben, das Verhalten wird interpretiert im Zusammenhang mit der Biologie des Tieres. Aber auch noch so "objektiv" arbeitende Wissenschaftler arbeiten mit einem menschlichen Gehirn. Dieses Gehirn ist ein Organ, welches wie jedes andere Organ auch im Verlaufe der Evolution entstanden ist. Der menschlichen Evolution. Und so können wir alles nur aus der Menschensicht sehen. Das zu wissen, das ist der kritische Anthropomorphismus.
    Hallo Ute,

    an den Erklärungen der Menschen erkennt man dann deren eigenes Weltbild. Ist es das?! Also der Mensch, der möglichst viel Harmonie haben möchte, hat dann die AL-Sicht und der Mensch, der alles in Hierarchischen Bildern sieht, die Dominanzsicht und natürlich noch alles dazwischen und drumherum in beliebigen Abstufungen.
    Mal verallgemeinernd geschrieben.

  7. #7
    MALG Avatar von Ute BB
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    Standard AW: *Culture Clash* - OT aus "Angstzustände"

    Liebe Manuela,

    was du schreibst, deckt sich mit dem Zitat aus dem Talmud. Das ist ein Teil des kritischen Anthropomorphismus. Niemand, auch kein Wissenschaftler kann aus seinem sozio-kulturellen Rahmen heraustreten. Die Fragen, die er in seiner Forschung an die Natur stellt, spiegeln die Gesellschaft wieder, in der er aufgewachsen ist.

    Es ist kein Zufall, dass die Betonung der Stellung des Rudelführers in einer strengen Hierarchie im Wolfsrudel von männlichen Wissenschaftlern aus Mitteleuropa und USA herausgearbeitet wurde.
    Es ist kein Zufall, dass weibliche Verhaltensforscher bei der Beobachtung derselben Tiergruppe (z.B. Primaten) zu anderen Ergebnissen kommen als männliche Kollegen.

    Die Geschichte der Wissenschaft ist voll von Beispielen dafür, dass es für jede Frage eine Zeit gibt. Das Umfeld muss reif sein dafür, dass eine Frage überhaupt entstehen kann. Das gilt für alle Lebensbereiche des Menschen, nicht nur für die Wissenschaft.
    Mit diesem Hintergrund kann man z.B. auch die Arbeiten eines Konrad Most lesen, ohne zu verzweifeln. Denn sieht man den Mann in seinem gesellschaftlichen Zusammenhang, dann ist zu verstehen, dass er nicht anders konnte.

    Im großen Rahmen bedeutet das: Jede Forschung spiegelt ein Weltbild des Menschen wieder. Und nicht die "Wirklichkeit".

    Liebe Grüße,

    Ute BB mit Ashanti, Bansai und Scotty. Baru begleitet uns auf der anderen Seite des Weges.
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