Wo fang ich an...?

Vielleicht mal mit dem Wesen. Der Standard zum Wesen wortwörtlich: "Würdevoll, intelligent, Fremden gegenüber zurückhaltend, aber ohne Anzeichen von Aggressivität oder Scheu." Nicht weniger steht da - aber vor allem auch nicht mehr. Ich finde, das klingt eigentlich genau nach dem, was einen ja am RR (außer der Optik) mal generell fasziniert oder faszinieren könnte. Zumindest meine Erstbegegnung mit einem RR war dergestalt, dass sich vor allem das im Standard beschriebene Wesen bei dieser Hündin gezeigt und mich nachhaltig an diese Rasse gebunden hat. Im Standard steht nix von Unverträglichkeiten oder extremem Wach- oder Jagdtrieben. Die Genese der Rasse mag das teil- und verständlicherweise noch mit sich bringen - aber mit dem Standard haben diese hier im Luxuskötercountry unerwünschten Eigenschaften per se einfach nix zu tun. Ein "ursprünglicher" RR (den man vor allem als komisches Werbekonstrukt so mancher Züchter und "Züchter" findet) ist nicht zwangsläufig ein Standard-RR. "Ursprünglich" ist nicht gleich automatisch "im Standard". Und die im Standard aufgelisteten Wesenseigenschaften finde ich durchaus - selbst für deutsche Verhältnisse und Luxusköter - durchaus händelbar, wenn nicht sogar erstrebenswert. Und so gar nicht altmodisch...

Der nächste Punkt: Vielleicht mal das leidige Größen- und Gewichtsthema. Suse hat den Rest vom Zitat weggelassen, ich bin so frei, es auch mit der Nachkommastelle zu zitieren: "Jede Abweichung von den vorgenannten Punkten muss als Fehler angesehen werden, dessen Bewertung in genauem Verhältnis zum Grad der Abweichung stehen sollte und dessen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Hundes zu beachten ist."
Zum Gewicht klau ich jetzt eine erschlaute Erkenntnis aus dem Buch (wie gesagt, ich finde es lesenswert und das Geld dafür auch besser invenstiert als für das hundertdröflte Halsband): Die Gewichte des Standards erscheinen auch der Autorin definitiv zu niedrig. Sie hat dazu recherchiert und mit vielen Züchtern gesprochen. Das Gewicht ist im Gegensatz zum Wesen wohl eher sehr antiquiert und beschreibt Hunde "in hunting condition", die mit dem heutigen Leben der RRs nicht mehr viel gemein haben. Die Größe sieht sie wesentlich strenger, zumal die sich gerne vererbungsmäßig (dazu kann man übrigens noch mal auf ein Halsband verzichten und Irene Sommerfeld-Sturs "Rassehundezucht" lesen, wenn man mag) hochpotenziert.

Zur Farbe im Standard: "Hell weizenfarben bis rot weizenfarben. Ein wenig Weiss an der Brust und den Zehen ist statthaft, ausgedehnte weisse Behaarung hier, am Bauch oder oberhalb der Zehen ist unerwünscht. Ein dunkler Fang und dunkle Behänge sind statthaft. Zu viele schwarze Haare im ganzen Fell sind äusserst unerwünscht." Da steht nix von dark red wheaten oder gar mahagoni. Zu mahagoni gibt es (mit Bild) im Buch folgendes Zitat: "Mahagoni - gut für Möbel. Schlecht für Ridgebacks." Mein Reden seit anno dutt... Ihr habt natürlich recht - die Dunklen sind bzw. waren auf dem Vormarsch, so langsam kehrt es sich zum Glück modisch ja um. Wenn man den RR nur noch wegen der Neufundländergröße und dem Ridge vom Schokolabbi unterscheiden kann, dann ist es halt kein RR mehr.

Tja, und dann gibt es noch die Gesundheit. Da muss man natürlich unterscheiden, aber es gibt tatsächlich eine funktionale Gesundheit, die an die Anatomie gebunden ist. Ein RR mit deutlich zu steiler Hinterhand wird über die Jahre gesundheitliche Probleme bekommen, ein Hund mit zu wenig Brustkorb hat den Raum nicht mehr für das Atemvolumen, dass ein ausdauernder Laufhund eigentlich haben sollte. Etc. pp. und sehr lang über Zähne und Augen und eigentlich jedes Körperteil fortsetzbar.

Der Standard hat mit der Liebe zum persönlichen Einzelhund nichts zu tun. Ich halte ausschließlich Ridgeless RR und damit sind wir völlig out of standard. Ich schwör, ich liebe jeden einzelnen meiner fehlerhaften RRs ganz unbeschreiblich und empfinde jeden meiner drei als den tollsten und besten RR. Aber ich liebe die Rasse als solche eben auch - sogar ridgetragend. Und die kann nur in "funktionaler Gesundheit, Typ und Temperament" (Zitat Buch) bestehen bleiben, wenn man den Standard nicht ignoriert. Dazu muss man ihn aber erst mal - auch und vor allem in seiner Funktionalität - kapieren (was natürlich durchaus auch bei manchen Richtern angezweifelt werden darf). Und beim Kapieren hilft das Buch ganz ungemein.

LG
Susanne

P.S.: Rose, Inigo und Jazeem haben auch eine Meinung, die ich euch nicht vorenthalten möchte, daher gibt es noch einen Bildanhang zum Schmunzeln.


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