Der Hund ist ein Produkt aus Genetik, Prägung, Sozialisation, Erziehung und artspezifischer Haltung. Und nur auf die letzten drei hast du als Welpenkäufer noch irgendeinen wirklich maßgeblichen Einfluss.
Für mich gibt es 3 Möglichkeiten, mir meinen Hundewunsch zu erfüllen.
Möglichkeit 1: Der Nothund. Meine Definition von Nothund schließt den Welpendirektkauf beim Produzenten aus - nur, weil der nicht auf seine läufige Hündin aufpassen kann, sind die Welpen noch keine Nothunde. Beim Nothund ist es mir herzlich egal, ob (und welche Papiere) er hat. Bin ich auf eine bestimmte Rasse eingeschossen, suche ich einen reinrassigen Nothund. Da guck ich allerdings auch nicht nur bei mir in der bequemen Nähe nach einem passenden, sondern fahre gegebenenfalls auch 500 km. Bin ich nicht auf eine bestimmte Rasse eingeschossen, gehe ich einfach nach Bauch und Herz und gucke, was passt. Mit Möglichkeit 1 kann ich ganz prima leben.
Möglichkeit 2a: Ich gucke nach "ordentlichen" Menschen nebenan, die gerade was passendes Welpiges haben. Da kann ich auch wieder nach reinrassig schauen oder mir eine Mischung raussuchen, die mir dann zumindest theoretisch die eierlegende Wollmilchsau verspricht. Nun sind die reinrassigen Welpen oftmals schon kleine Wundertüten - mit einer Mischung wird der Faktor X nochmal bisserl größer... Ich kenne z. B. einen Dobermann-Weimaraner-RR-Mischling, der absolut null Jagdtrieb hat. Es gibt aber auch Kreuzungen aus Sofakissen und RR, bei denen der Punk so richtig abgeht. Wundertüten halt... Prinzipiell ist das ja ganz okay, wenn Mensch sich dann auch flexibel auf seine Wundertüte einlassen kann, aber Mensch hat oftmals ganz klare Erwartungen - und dann wird auch gerne mal aus der Wundertüte ein Nothund (übrigens egal, ob reinrassig oder gemischt). An dieser Stelle zurück zu 1 und einem anderen Ansprechpartner. Schwierig ist halt, dass die "ordentlichen" Menschen von nebenan oft null Ahnung haben, was sie da eigentlich vermischen. Genaugenommen ist das mit entsprechendem Verantwortungsbewusstsein noch anspruchsvoller als eine "rassereine" Zucht, weil ich dann als verantwortungsbewusster Welpenindieweltsetzer statt nur über eine Rasse gleich über zwei (oder mehr) Bescheid wissen muss - vor allem in punkto rassespezifischer Krankheiten. Wenn ich darüber nachdenke, dass Mischungen teilweise höchst marktwirksam teuer verscherbelt werden, ohne, dass sich der Produzent irgendwelchen Auflagen unterwerfen muss und auch gar keine Ahnung von irgendetwas haben braucht, gruselt es mich. "Ordentlich" ist halt so eine Sache - in punkto Hundezucht ist für mich nicht derjenige ordentlich, der seinen Gehweg samstags kehrt oder eine blitzende Küche hat, sondern der, der ordentlich Ahnung hat von dem, was er da tut... Möglichkeit 2 geht für mich gar nicht. Wie sehr das mit den Mischungen kombiniert mit null Ahnung so richtig daneben gehen kann, erlebt gerade Nothund Luna so richtig plakativ - für Luna und auch ihre Menschen ganz schrecklich und hier nachzulesen:
http://www.rhodesian-ridgeback-forum...och-getan.html
Möglichkeit 2b: Der Unfallwelpe von nebenan. Oooooops, ein Unfall? Da ist das Gewissen erst einmal rein. Oftmals ist aber nur der erste Wurf (wenn überhaupt) ein Unfall - nachdem die Kasse geklingelt hat, kam bereits für so manchen Unfallkäufer die ernüchternde Tatsache, dass nun plötzlich mit jeder Läufigkeit der Hündin ein Unfall passiert - gerne mit modischen Rassepartnern. Ich habe vor 11 Jahren selbst sehr naiv einen Unfallhund genommen und hab wirklich exorbitantes Glück gehabt. Heute würde ich nie nie nie mehr einen Unfallwelpen nehmen. Nein, ich mag potentiellen Vermehrern keine zukünftige Straße pflastern. Und ich frag mich, wie ich eigentlich seit 6 Jahren ohne Unfall mit einer intakten Hündin rumlaufen kann...Wenn jemand nicht in der Lage ist, auf seine eine Hündin aufzupassen, kriegt der dann überhaupt über einen Zeitraum von 9 Wochen 10 Welpen vernünftig aufgezogen? Genetik und Prägung? Hääh?
Möglichkeit 3: Reinrassiger Welpe mit Papieren. Ich persönlich bin da so gestrickt, dass es für mich außer VDH-Papieren gar keine Papiere gibt. Und zwar nicht deshalb, weil die VDH-Vereine hochwertigeres Papier verwenden als die Dissidenz, sondern deshalb, weil ich niemandem wirklich hinter seine "ordentliche" Stirn gucken kann. Die VDH-Vereine haben Zuchtordnungen, die Züchterschulungen und notwendige gesundheitliche Untersuchungen der Elterntiere vorgeben. Da ist zum Schutz der Mutterhündin geregelt, wie oft die Hündin belegt werden darf. Da gibt es eine Wurfabnahme mit einsehbarem Wurfprotokoll, etc. pp. Das gibt es in der Dissidenz auch, aber meist wesentlich laxer und nicht einsehbar. Für mich gibt die VDH-Vereinszugehörigkeit bereits ein paar Rahmenbedingungen vor, bei der ich mich mit Möglichkeit 2a oder 2b in einem düsternebligen Sumpf befinde. Ich kann auch VDH-Züchtern nicht hinter die Stirn gucken, aber ein paar Dinge müssen sie schon mal einhalten, von denen der "ordentliche" Unfallproduzent von nebenan noch gar nie gehört hat. Der potentielle unbedarfte Welpenkäufer meist auch nicht - gut, wenn dann wenigstens der Züchter Ahnung hat. Der "ordentliche" Mensch von nebenan hat sie großer Wahrscheinlichkeit nach sowieso nicht.
Zeit und Hirn beim Welpenkauf ist eine echt prima Sache!
LG
Susanne


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