Klar, zunächst war es mal die Optik, als wir uns auf die Suche nach "unserem" Hund machten. Voraus gegangen war die Entscheidung: Jetzt geht es! Leben mit Hund ist hundeverträglich machbar, trotz Berufstätigkeit beider. Ich hatte die feste Zusage meines damaligen Arbeitgebers, bereits den Welpen mitbringen zu dürfen, also: grünes Licht.
Wir wünschten uns eine kurzhaarige, grosse, lauffreudige Rasse, da wir beide auch nicht gerade kleinwüchsig sind, und schauten uns entsprechend um. RR kannten wir bis dahin noch gar nicht, aber die Fotos, die wir sahen, und die Beschreibung der Rasse gefielen uns. Das reichte uns aber nicht - wir wollten RRs live erleben, von und mit Menschen, die mit ihm aktiv zusammen leben erfahren, was sie über diese Rasse zu erzählen haben.
Wir hatten grosses Glück, und stiessen bei unseren Recherchen auf Uli Schnitzer, der uns einlud, seine RR Mädels und die Rüden seiner damaligen Partnerin kennen zu lernen. Unser erster Eindruck war dann exakt dieses Empfangskomitee: 7 RR, die alle begutachten wollten, wer da vor hatte, ihr Grundstück zu betreten, und zwei sehr engagierte Hunde-Menschen, die uns beim Kaffee ganz schön grillten. Es war ein äusserst spannender, informativer Nachmittag, und für uns klar: Das ist "unser" Hund.
Dennoch warteten wir noch eine sehr lange Zeit, da die Hündin, von der wir einen Welpen bekommen sollten, leer blieb. Im Sommer 2000 zog dann aber "klein" Djambo bei uns ein. Er und Ute BB brachten uns über die kommenden Jahre bei, was es so alles zu lernen gab, und liessen uns so manches Mal ganz schön dumm aussehen.
Djambo war ein Goldschatz, wenn auch nicht einfach. Sehr sensibel, sehr vorsichtig, mit einem ausgeprägten Schutztrieb, und durchaus jagdlich ambitioniert. Er schätzte zudem sehr eine bestimmte Individualdistanz. Kontaktliegen lernten wir erst kennen, als BamBam im Sommer dieses Jahres bei uns einzog.
Djambo war der beste Lehrer in Sachen hündisch, den ein Mensch sich wünschen kann. Er hatte eine Menge Lektionen in Sachen "Hund mit niedriger Reizschwelle" in petto, und schärfte auf unnachahmliche Art ganz nebenbei extrem meine Sinne - wer findet es schliesslich prickelnd, wie klein Doofie in der Gemarkung stehen? Er war unendlich geduldig mit mir, und auf seine zurückhaltende Weise der sanfteste Hundefreund, den man sich vorstellen kann. Ein Schmuser wurde er nicht, aber ich werde niemals vergessen, wie wunderbar es war, wenn er mir seinen grossen Kopf auf meine Schulter legte, während ich mir die Stiefel anzog.
Mit BamBam zog quasi das andere Ende des Persönlichkeitsspektrums ein, Motto: Hoppla, jetzt komm ich, der Tag lacht, die Welt liebt mich, was gibt´s zu entdecken?! Der kleine grosse Mann ist stürmisch, temperamentvoll, ein Riesenschmuser, ängstigt sich extrem selten mal, und scheint irgendwie ständig zu grinsen. Sein Spitzname ist nicht ohne Grund "El Krokodilo", und als er noch mit spitzen Welpenzähnchen bewaffnet war, hinterliess er bemerkenswerte Spuren. Ich bin sehr gespannt auf die Herausforderungen, die er uns noch präsentieren wird
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Unterschiedlicher könnten Hunde einer Rasse kaum sein, und doch sind es unverkennbar beides typische RR.
Waren wir blauäugig, ahnungslos und naiv, als wir uns für RRs entschieden? Natürlich: In dem Sinne, in dem jeder Mensch naiv ist, der sich für das Leben mit einer anderen Art entscheidet, und damit letztendlich für eine grosse Wundertüte, die ihre Geheimnisse nur sorgsam portioniert preis gibt. Auf ein Leben mit einem Hund gleich welcher Rasse kann man sich nur sehr bedingt vorbereiten, egal wie viele Bücher man liest, Videos anschaut, oder mit wie vielen Menschen man spricht. Man kann nur bereit sein, sich auf das einzulassen was kommt, und die damit verbundenen Herausforderungen und Verantwortlichkeiten annehmen. Das ist emotional volles Programm, inklusive Verzweiflung, Angst, Rat- und Hilflosigkeit, ohnmächtiger Wut, grenzenloser Zärtlichkeit und Liebe. Gott sei Dank überwiegen Letztere bei Weitem, wie eine dicke Zuckerkruste, die einen dazu bringt, immer wieder den Löffel einzutauchen, auch wenn man nicht genau weiss, was sich darunter verbirgt. Die Liebe, die ich meinen Hunden gegenüber empfand und empfinde, ist unbeschreiblich, und jeder Versuch, das zu tun, wäre pathetisch.
Mit Hunden zu leben ist für mich eines der grössten Geschenke überhaupt, aller Arbeit, Tränen, Enttäuschungen, Verletzungen und mitunter abgrundtiefer Müdigkeit zum Trotz.
Ob ich die Kraft für einen weiteren RR haben werde, weiss ich heute noch nicht. Ich nehme die Verantwortung, die in der Beantwortung dieser Frage steckt, aber sehr ernst.


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(ungefähr die ganze Gefühlspalette)

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